4 Eiprodukte; aktuelle Trends in der Verarbeitung und Verwendung (W. Ternes)
4.5 Eigelb
4.5.1 Pasteurisation und thermische Einwirkung auf Eigelb
4.5.1 Pasteurisation und thermische Einwirkung auf Eigelb
Eigelb wird bei Temperaturen von 61 bis zu 68 °C und einer Haltezeit von 30 bis 120 Sekunden pasteurisiert. Die Ultrahocherhitzung (bei 68 °C) kann zu Schädigungen der Inhaltsstoffe führen. Bei einer Pasteurisationstemperatur bis 63 °C und einer Heißhaltezeit von 2 Minuten sind keine wesentlichen Veränderungen der technofunktionellen Eigenschaften feststellbar.
Für die Verarbeitung von Eigelb gibt es drei Temperaturbereiche, die für die technofunktionellen Eigenschaften von Bedeutung sind:
I. Temperaturbereich bis 65 °C
- Eigelb ohne bis moderate Erhitzung, z. B. um die Emulsion in Mayonnaise auszunutzen.
II. Temperaturbereich von 66 °C bis 72 °C
- Eigelb bei dem die Schaumbildung ausgenutzt wird. Hierfür ist die Fähigkeit des Eigelbs zur Bildung der „Rose“ notwendig. Es denaturieren die Livetine und bilden ein Netzwerk aus. Beginnende Veränderung der LDL-Micellen.
III. Temperaturbereich oberhalb von 75 °C
- Eigelb mit dem ein schnittfestes vernetztes Gel erzeugt werden soll, z. B. hartgekochtes Eigelb.
Für die Herstellung von Süßspeisen wie Speiseeis, kalte Cremesaucen, Sabayon, Bayrisch Creme, warme aufgeschlagene Soßen wie Sauce Hollandaise, Sauce Bearnaise und Gebäck, wie bspw. Wiener Massen, und für die Verwendung des Eigelbs als Bindemittel (Liaison) sind die funktionellen Eigenschaften unter thermischer Einwirkung bedeutsam. Das Eigelb wird für diese Produkte bis zu einer optimalen Konsistenz (Abb. 4.2) aufgeschlagen. Diese wird allgemein als „Rose des Eigelbs“ bezeichnet und mittels eines Löffeltests durch Anpusten der Eigelbmasse festgestellt. Die folgende Abbildung zeigt die Bestimmung der Rose. Die Rose des Eigelbs, die auf dem Rücken des Kochlöffels erzeugt werden kann, entspricht dem ersten Maximum der Viskosität, dem Punkt der Rose.
Abb. 4.2: „Punkt der Rose“
Wird die Viskosität von Eigelb bestimmt, so ist beim 1. Viskositätsmaximum der Punkt der Rose erreicht. Nach Überschreiten dieses optimalen Gelbereichs beginnt die Freisetzung aus den Lipoproteinen und bei noch höheren Temperaturen bildet sich ein dreidimensionales vernetztes Gel und es entsteht ein schnittfestes Eigelb (Abb. 4.3).
Abb. 4.3: Verhalten des Eigelbs unter thermischer Einwirkung
Phospholipase A1 und A2 wird eingesetzt, um gezielt eine Fettsäure aus den polaren Lipiden abzuspalten. Dadurch entsteht ein Lysophosphatid (mit nur einer Fettsäure), das wesentlich hydrophiler ist als das Ausgangsprodukt. Besonders die Phospholipase A2 spaltet ungesättigte Fettsäuren ab, so dass die enzymatisch behandelten Phosphatide sehr schnell einen bitteren Geschmack von freier Linol- oder Linolensäure bekommen. Die Phospholipase A2 spaltet mehr Linolsäure ab, da am mittleren C-Atom die mehrfach ungesättigten Fettsäuren dominieren. Setzt man z. B. Eigelb Phospholipase A1 oder A2 zu, so erzeugt man eine Eigelblösung, die nicht mehr koaguliert. In der Abbildung 4.3 ist die Bildung des dreidimensionalen vernetztem schnittfesten Eigelbgels durch den Viskositätsanstieg bei hohen Temperaturen dargestellt. Dieser Anstieg entfällt bei der Verwendung von Phospholipasen (JAEKEL und TERNES, 2008). Die Phospholipase D spaltet den Cholin- oder Ethanolaminrest ab. Lysophospholecithin tritt in Wechselwirkung mit der Stärke, wodurch das Altbackenwerden von Gebäck vermindert werden kann. Lysophosphatidylcholine und -ethanolamine bilden in Emulsionen vorwiegend hexagonale Phasen, wobei die Kohlenwasserstoffketten nach innen gerichtet sind (Abb. 4.4).
Abb. 4.4: Ansatzpunkte im Molekül zur Modifizierung der Phosphatide
Die Verwendung von kochstabiler Sauce Hollandaise ist erst durch den Einsatz von Phospholipase möglich geworden. Die Schaumbildung des Eigelbs wird durch die Phospholipase nicht beeinflusst, allerdings bleibt die Bildung eines starren schnittfesten Gels aus (JAEKEL und TERNES, 2008). Ein entsprechend behandeltes Eigelb kann für kochstabile Saucen (z. B. Sauce Hollandaise in Verbundverpackungen) eingesetzt werden. Ein Nachteil ist, dass Linolsäure bevorzugt an der 2. Stelle des Glycerinmoleküls vorkommt und ein erheblicher Teil freigesetzt wird. Da freie Linolsäure einen bitteren Geschmack aufweist, sind entsprechend behandelte Eigelbe nur begrenzt in geringen Konzentrationen einsetzbar. Bei etwa 70 mg Linolsäure pro 100 g Emulsion ist ein Bittergeschmack feststellbar. Dazu kommt, dass auch Linolensäure bei 12 mg pro 100 g Emulsion als Bittergeschmack wahrnehmbar ist.