1. Tierärztliche Bestandsbetreuung von Legehennenbeständen:
wirtschaftliche bedeutsame Krankheiten und Präventionsstrategien
(Silke Rautenschlein, Arne Jung)
1.3 Ökonomisch bedeutsame Krankheiten bei Legehennen
1.3.6 Erkrankungen des Legeapparates
1.3.6 Erkrankungen des Legeapparates
Die Legeleistung einer Legehennenherde im Verlauf einer Haltungsperiode stellt für den Landwirt einen entscheidenden Parameter zur Beurteilung der Tiergesundheit dar. Ein Legeleistungseinbruch kann vielfältige Ursachen haben. Dazu gehören nicht-infektiöse Ursachen wie Wassermangel, Mineralstoffunter- oder Überversorgung, nicht adäquates Lichtregime, ungünstige Stalltemperatur, schlechte Futterqualität oder ungeeignete Futterstruktur sowie eine erhöhte Schadgasexposition der Tiere. Außerdem können viele verschiedene Infektionskrankheiten unter anderem zu Legeleistungsstörungen führen. Es gibt aber auch Erkrankungen, die direkt den Legeapparat beeinträchtigen und somit eine Verminderung der Eizahl und Eiqualität herbeiführen können. Dazu gehört die Infektiöse Bronchitis (IB), das Egg Drop Syndrome 1976 (EDS 76) und die Eileiterentzündung.
Bei IB und EDS 76 handelt es sich um Viruserkrankungen, die zu einem ähnlichen Krankheitsbild führen und weltweit verbreitet sind. Beide Erkrankungen können einen Legeleistungseinbruch von bis zu 50 % verursachen (CAVANAGH und NAQI, 2003; MCFERRAN und ADAIR, 2003), außerdem kann es zu massiven Eischalenveränderungen kommen. In Tabelle 1.3 sind Krankheitsmerkmale aufgeführt, anhand deren man die beiden Erkrankungen voneinander abgrenzen kann.
Tab. 1.3: Unterscheidungsmerkmale Egg Drop 1976 / Infektiöse Bronchitis.
Wie aus der Tabelle 1.3 ersichtlich, kann die Ansteckung der Legehennen bei EDS 76 auch über das Brutei („vertikale Übertragung“) erfolgen. Bei IB kann eine Infektion über größere Entfernungen mit dem Wind, über infizierte Tiere oder durch den Menschen („horizontale Übertragung“) stattfinden. Bei einer sehr frühen IB-Infektion von Legehennenküken kann es durch das Virus zu Missbildungen am Legedarm kommen. In diesem Fall ist die Gesamtlegeleistung der Herde von Beginn der Legeperiode an verringert, da die betroffenen Hennen keine Eier legen. Einzelne Tiere können einen mit klarer Flüssigkeit gefüllten Legedarm aufweisen („Wasserbauch“). Der Großteil der Hennen zeigt aber äußerlich häufig keine Veränderungen, und betroffene Tiere sind schwer zu identifizieren. Daher werden sie auch als „falsche Leger“ bezeichnet. Eine Verdachtsdiagnose dieser beiden Viruserkrankungen kann anhand der oben aufgeführten Eiveränderungen gestellt werden, die Bestätigung erfolgt mittels serologischer oder molekularbiologischer Methoden (PCR). Eine Impfung gegen IB und EDS 76 ist dringend anzuraten, da die Erkrankungen zu großen wirtschaftlichen Verlusten führen können. Über Wirksamkeit der einzelnen Impfstoffe im Hinblick auf immer wieder neu auftretende IB-Variantstämme besteht noch Forschungsbedarf (CAVANAGH, 2007; WORTHINGTON et al., 2008).
Bei der Eileiterentzündung handelt es sich um eine Erkrankung, die durch bakterielle Erreger verursacht wird, und von der in einem Legedurchgang immer einzelne Tiere betroffen sind. Es kann unter anderem bei mangelnder Eischalenstabilität, Immunsuppression der Tiere oder unhygienischen Verhältnissen zu einer Häufung des Auftretens von Eileiterentzündungen kommen. Oft beginnt eine Eileiterentzündung mit dem Zerbrechen eines Eies im Legedarm. Die Eischalen führen zur Verlegung des Legedarms und der Eiinhalt stellt ein ideales Milieu für von außen einwandernde Keime dar. Es können verschiedene Bakterien beteiligt sein, häufig wird z. B. Escherichia coli nachgewiesen. Es entwickelt sich eine chronische Legedarmentzündung, die sich selbst unterhält und schließlich mit dem Tod des Tieres endet. Die betroffenen Tiere legen keine Eier mehr, zeigen Abgeschlagenheit. Häufig ist Ausfluss aus der Kloake zu beobachten. Eine Antibiotikatherapie ist nur in Erwägung zu ziehen, wenn eine größere Zahl Tiere betroffen ist, da aufgrund der Wartezeiten, die nach Antibiotikagabe einzuhalten sind, die Eier nicht abgegeben werden dürfen. Außerdem sollte eine Behandlung nur nach Keimisolierung und Anfertigung eines Resistenztestes erfolgen, um die Wirksamkeit des eingesetzten Präparates sicherzustellen.